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Denk Tank

Gehirnschlacke und Gedankenmüll von Roland Bart

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Hin und wieder muss es einfach sein: Eine Beobachtung löst einen Gedanken aus, der sich wie eine Wolke im Kopf verbreitet und sich nicht wieder verflüchtigt, bevor er nicht in irgendeiner Weise geäußert ist. Und ich denke viel. Eigentlich ständig. (Auch wenn ich nur sehr selten Zeit habe, diese Gedanken zu formulieren). Ich bin wie ein Besucher, ein Tourist von einem anderen Stern, der nicht anders kann als zu beobachten, nachzudenken und sich immer wieder aufs Neue über Alltäglichkeiten zu wundern, darüber, wie wir leben in unserem kleinen Biptop called Planet Earth. Und wer bin ich? Hab ich ja eben gesagt: Ein Tourist von einem anderen Stern.

Freitag, August 19, 2005

Der Pabst ist in Köln...


...und das ist eigentlich überhaupt nicht wichtig. Viel wichtiger ist die Stellungnahme des Ethikrates zu Gentests. Die sollen "in bestimmten Fällen" erlaubt sein, wenn's um die Besetzung von Stellen geht. Klar, wär doch toll man könnte den potenziell epileptischen Flugkapitän schon vor seinem ersten Anfall im Cockpit aussondern. Dabei wird's freilich nicht bleiben - es wäre das erste Mal in der Menschheitsgeschichte, dass es bei solchen Ausnahmen bleibt. Wer eine Erbkrankheit hat, wird in Zukunft ein genetisches Kainsmal auf der Stirn tragen. Krebsgefährdet? - Keine Versicherung wird ihn mehr versichern, kein Arbeitgeber mehr einstellen. Was aber noch schlimmer ist: Man wird uns dazu zwingen, unsere Zukunft zu erfahren. Entweder Gentest oder kein Job - diese Option wird so sicher kommen wie das Amen im Kölner Dom. Und das heißt: Von dem Moment an wirst du wissen, ob du mal an Krebs, Multiple Sklerose oder Alzheimer krepierst. In den USA lassen sich Frauen schon jetzt die Brüste abnehmen, weil der Gentest erbracht hat, dass sie mit hoher Wahrscheinlichkeit irgendwann an Brustkrebs erkranken werden... Man wird mit einem Gefühl leben wie jemand, dem man gesagt hat, dass im Flugzeug, in das er gerade steigt, drei Selbstmordattentäter sitzen. Bitte anschnallen - und genießen Sie den Service an Bord.

"Weiter gehende Untersuchungen auf gegenwärtig symptomlose oder auf vorhersagbare Krankheiten sind zulässig, wenn sie unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit notwendig sind, um in der Art der Tätigkeit liegende spezifische Risiken für Dritte auszuschließen (z.B. bei Piloten, Busfahrern, Küchenpersonal")"
http://www.ethikrat.org

Montag, August 15, 2005

"Wie machst du das bloß..."

...wurde meine Frau kürzlich gefragt, "als Mutter von zwei Kindern und dann noch ein Halbtagsjob!" Ja - sie ist toll.
Mich hat das noch niemand gefragt. Denn ich bin ein Mann. Und als ich meinem Auftraggeber einmal eine Terminverschiebung nahelegen musste und zur Begründung "die Familie" murmelte, meinte er völlig verständnislos: "Ich bin auch Familienvater!"
Familienvater ist aber nicht gleich Familienvater. Da gibt es jene, für die stehen die Pantoffeln bereit, wenn sie abend von ihrem lukrativen Job nach Hause kommen. Das sind dann die Männer mit den erstaunlichen Karrieren ("Wann schreibt der nur all die Bücher - neben dem Job?"). Und dann gibt es solche wie mich.
Wenn ich an den drei Morgenden, an denen meine Frau arbeitet, meine Kinder angezogen und in den Kindergarten gebracht habe, ist der halbe Tag schon rum. (Einkaufen auf dem Weg usw. - ich weiß, liebe Hausfrauen, wie schnell da die Zeit zerrinnt). Dreimal die Woche ist für mich um 7 Uhr abends auch schon wieder Schicht, weil die Tagesmutter verabschiedet werden muss und meine Frau erst später kommt. Danach heißt es erst mal: Aufräumen. Weitere Aufgaben: Wasser holen im Supermarkt, das Unkraut im Garten bekämpfen, das Auto in die Werkstatt, Fahrräder reparieren und unendlich viel mehr Kleinkram. Nicht, dass meine Frau weniger täte als ich. Aber sie ist ein Mutter mit Kindern, und da ist das, was sie beruflich gebacken kriegt, eine Menge. Für den Familienvater jedoch reicht es nicht, um ernst genommen zu werden.
Von Familien- und Hausarbeit höre ich die Karrieremänner nie reden. Mein ehemaliger Chef brüstete sich, noch nie im Leben eine Windel gewechselt zu haben. Väter wie ich sind in seinen Augen Weicheier. Wer seine Frau nicht "im Griff" hat (sprich: hinter dem Herd), der kann auch keine Mitarbeiter führen. Ja, es ist mir peinlich, wenn um 10 Uhr morgens Kindergeschrei die Geräschkulisse für meine Geschäftstelefonate am Handy abgibt. Bei Frauen denkt man da: Toll! Die Kinder füttern und nebenher Geschäfte machen - alle Achtung! Bei Männern hingegen: Der hat's wohl einfach nicht im Griff, das arme Schwein.

Donnerstag, August 11, 2005

Miese Stimmung: Schuld sind...

die Journalisten. Das muss doch mal gesagt sein. Deutschlandradio heute morgen:

Deutsche Wirtschaft stagniert im zweiten Quartal

Mit der Schlagzeile begrüßt mich DLR zum neuen Tag. Es folgen rote Zahlen. Gebetsmühlenartig werden in den deutschen Medien in sturer Regelmäßigkeit die Statistiken abgenudelt, seit Jahren sind es fast dieselben: quartalsweise die Wirschaftszahlen, jeden Monat aufs neue die Arbeitslosenzahlen, und wenn es neue Pisazahlen gibt, müssen die ebenfalls herhalten um uns einzubleuen: Es geht bergab. In den zahlenlosen Zwischenzeiten lieben es die Journalisten, über das Leid und die Not "der Deutschen" zu schreiben, die zwar reformhungrig seien aber nicht vor der eingene Haustüre kehren wollten, die mutlos seien und den Herausforderungen der Zeit nur mit Jammern begegneten. Woher wissen die Journalisten das? Aus den Statistiken? Aus repräsentativen Umfragen in ihrem Bekanntenkreis ("ja, alles wird unbezahlbar, und jetzt wollen sie auch noch an die steuerfreie Wochenendvergütung...")? Die Antwort liegt näher: Sie lesen es in der Zeitung. Und beten - besser: jammern - es den anderen nach. Denn die Medien sind es, die das Gejammere veranstalten, massenhaft und rund um die Uhr. Wie soll man auch nach der morgendlichen Zeitungspflichtlektüre als Journalist anders, als ins Jammern zu verfallen, angesichts all dieses Gejammers in den Medien?
Keiner kommt auf die Idee, dass man eine Statistik, die sich ohnehin kaum von der des letzten Quartals unterscheidet, nicht als Top-Meldung verbuchen müsste. Oder irgendeinen dösigen Ausspruch eines CDU-Politikers ob der dramatischen Lage des Landes nicht eins zu eins wiedergeben und gar zum Anlass einer düsteren Analyse des längst Bekannten nehmen müsste. Es gibt da einen Gestaltungsspielraum. Eigentlich. Das heißt nicht, dass fortan nur noch die guten Nachrichten verbreitet werden müssten. Aber darum geht's ja gar nicht: Es ginge darum, kritischen, investigativen Journalismus nicht mehr mit dem lustvollen Puhlen in längst offenen, bestens bekannten Wunden zu verwechseln. Darum, der vermeintliche Selbstverpflichtung zum Chronisten des Unglücks lebewohl zu sagen und mutig spannende, wirklich wichtige Themen in den Vordergrund zu stellen.

Ein Bekannter aus Dublin meinte kürzlich zu der Nachricht, dass Deutschland in der letzten Pisa-Studie aufgeholt habe: Eine deutsche Zeitung würde typischerweise titeln: "Wir sind besser geworden, aber nicht gut genug." In einer US-Zeitung würde man lesen: "Wir sind fast am Ziel". Und in einer englischen: "Die Franzosen sind schlechter!"

Dienstag, August 09, 2005

Das Glücksformel ist...

...ein altes Foto: Der damalige Augenblick minus der damaligen Zukunft. Nur ein Jahr ist dieses Foto alt, das mich mit meinen kleinen Kids im Garten zeigt. Scheinbar unbeschwert, spielend in der Nachmittagssonne. Das Foto erzeugt Sehnsucht - Sehnsucht nach einer Zeit, in der meine Sorgen und Ängste von heute noch nicht existierten, die dunklen Wolken der Zukunft, die mich heute drücken, noch nicht aufgezogen waren. Und wie gut ich damals aussah, der Vater mit seinen Kindern, windzersaustes Haar, von der Sommersonne gebräunt, lachend. Plötzlich verstehe ich Karl Valentin: "Die Zukunft war früher auch besser."
Dabei - ich erinnere mich sehr wohl - lungerten auch damals dicke, dunkle Wolken am Horizont. Entscheidungsnöte (worum ging's nochmal...?), Geldsorgen (längst gelöst und ab-gelöst durch neue), Ängste (wie überflüssig! Nichts ist passiert - bisher...). Genau wie heute. Doch aus heutiger Sicht erscheint mir dieses Jahr seit dem Foto wie eine Karenzzeit, eine Schonfrist, und hätte ich damals den heutigen Tag vorhersehen können, ich wäre sorgenfrei und tatsächlich glücklich gewesen.
Im Geiste nehme ich ein Foto vom jetzigen Augenblick, heute, und stelle mir vor, wie ich es in einem Jahr betrachten werde: wie die heutige Zukunft dann belanglos erscheinen wird, wie sich die Sehnsucht nach diesem verflossenen Moment (ein Jahr jünger, ein Jahr mehr zu leben vor mir - und sehe ich nicht gut aus?) einstellen wird. Fühlt sich gut an. Die Buddhisten haben schon recht: lebe den Augenblick - aber manchmal bedarf es einer Eselsbrücke.

Sonntag, August 07, 2005

Vor 60 Jahren...

...warfen die Amerikaner eine Atombombe über Hieroshima ab. Das ist längst abgehakt. Und doch schockierte mich die Meldung zum Jahrestag im Radio heute. Vor dem Hintergrund von 9/11, Madrid, London (und was noch kommen mag): War das nicht auch ein terroristischer Akt? Über 100.000 Zivilisten ausgelöscht. Mit Flugzeugen heimlich über die Landesgrenze geflogen, Bombe ausgelöst. Kinder verbrannten in ihren Betten oder in der Schule, Mütter beim Einkaufen, Väter in den Büros. Aus dem blauen Himmel heraus, ohne Vorwarnung. Und drei Tage später dasselbe noch einmal in Nagasaki, kein Kollateralschadensfall also, sondern full on purpose. Was unterscheidet einen Angriff wie diesen von einem terroristischen Akt à la 9/11? Der offizielle "Kriegszustand"? Das Label also? Und warum kamen die USA damit durch, warum dürfen sie heute bestimmen, was Moral ist - und was Terror?

Dieser Blog...

...ist mein Denk-Tank. Mein Gedanken-Mülleimer. Nur dazu da, den Kopf von all der Schlacke zu entleeren, die sich im Laufe eines Tages, einer Woche, darin ansammelt. Falls ein anderes Wesen auf diesem Planeten Interesse an meinem Gedanken-Müll findet: Kommentare sind herzlich willkommen! - Roland