Kinder haben ist...

reiner Egoismus. Ich muss es wissen, denn ich habe eben erst wieder eins in die Welt gesetzt. Und jetzt plagt mich das schlechte Gewissen. Ich schaue mir den Wurm an, der da für meine Sinnfindung herhalten muss. Den ich aus dem Universum auf die Erde gebeamt habe, damit er meine Seele ein bisschen wärmt, mir die Kälte des leeren Universums vom Leib hält, durch das wir alle driften und völlig belanglos wären, wenn wir nicht Kinder hätten, die uns brauchen. Die wir brauchen. Damit wir unsere Tage mit völlig sinnfreien Jobs in der angenehmen Gewissheit verbringen können, dass wir es ja für sie tun, die Kinder. Die wir währenddessen in Krippen und Ganztagsschulen unterbringen, damit sie uns nicht dabei stören. Am Wochenende dann vor Kinderkanäle und Videokonsolen setzen, damit wir in Ruhe unseren Sonntag genießen können. Die wir in der Schule - der bestmöglichen, versteht sich - mit Wissen vollstopfen lassen, damit sie später mal was werden. Nicht, dass wir ernsthaft darauf hofften, dass sie uns mal ernähren werden, wenn wir einst alt sind; das, wenn überhaupt, nur nebenbei. Nein, weil sie unser Projekt sind. Und weil unser Projekt, verdammt nochmal, gelingen soll. Damit wir am Ende voller Zufriedenheit auf die Früchte unseres Strebens und Wirkens blicken können: "Mein Sohn ist Richter geworden; in seiner Freizeit dichtet er; und eine Freundin hat er jetzt auch."
Gerade war ich in der Informationsveranstaltung eines Waldorfkindergartens. Und betrachtete die ganze Zeit mit Abscheu die Eltern um mich herum, die nur das Beste für ihre Kinder wollen: Ihr elenden Egoisten!