Im September wurde mein Sohn eingeschult. Schon eigenartig, dieses Gefühl, sein Kind in die Obhut des Staates zu geben. Denn nun ist er bis nachmittags in einer anderen Welt, zu der ich keinen Zugang habe. Nur bei den Hausaufgaben bekomme ich kleine Einblicke. Vorgezeichnete Bilder müssen ausgemalt werden. Und Buchstaben nachgezeichnet. Kreativität, so scheint es, ist hier nicht mehr gefragt (wie das noch im Kindergarten der Fall war), es geht darum, möglichst rasch genormte Ergebnisse zu erbringen. Langweilig sei dieses endlose Buchstaben-Malen, meint mein Sohn prompt, und er vermisse das Basteln. Außerdem sei die Schule ganz schön lang - man sitze ja die ganze Zeit nur rum. Und die Pausen zu kurz. In der Tat sieht der Stundenplan Bewegung nur noch an zwei Tagen vor - Sportunterricht, jeweils für 45 Minuten.
Es ist schon verwunderlich. Da hat die moderne Forschung längst bestätigt, wie wichtig Bewegung fürs Lernen und die Ausbildung der Kreativität für den späteren Erfolg sind - und in der Grundschule wird weiterhin nach Schema F unterrichtet. Kinder, die eben noch voll im Spiel- und "Begreif"alter waren, werden plötzlich an Tische gesetzt und müssen Buchstaben nachzeichnen. Mit einem Mal zählt nur noch der Intellekt, so scheint es, der Kopf - die anderen Glieder, die in diesem Alter mindestens ebenso wichtig sind, werden hintenan gestellt. Dazu passt auch, dass man in der Mittagspause der "verlässlichen Grundschule" Milchbrötchen, Cornflakes und süße Säfte verabreicht. All die Bemühungen um eine gesunde, zuckerarme Ernährung, die man bis hierhin vielleicht erfolgreich umgesetzt hat, werden in staatlichem Auftrag torpediert. Meine Kolleginnen lächeln: Warte nur, bis er ins Gymnasium kommt. Dort, so der Konsens, geht der Wahnsinn erst richtig los mit überfüllten Lehrplänen, Stress und Hausaufgaben, die selbst gebildeten Eltern zu hoch sind.
Schule - da zeigt sich, wo wir stehen (geblieben sind).