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Denk Tank

Gehirnschlacke und Gedankenmüll von Roland Bart

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Hin und wieder muss es einfach sein: Eine Beobachtung löst einen Gedanken aus, der sich wie eine Wolke im Kopf verbreitet und sich nicht wieder verflüchtigt, bevor er nicht in irgendeiner Weise geäußert ist. Und ich denke viel. Eigentlich ständig. (Auch wenn ich nur sehr selten Zeit habe, diese Gedanken zu formulieren). Ich bin wie ein Besucher, ein Tourist von einem anderen Stern, der nicht anders kann als zu beobachten, nachzudenken und sich immer wieder aufs Neue über Alltäglichkeiten zu wundern, darüber, wie wir leben in unserem kleinen Biptop called Planet Earth. Und wer bin ich? Hab ich ja eben gesagt: Ein Tourist von einem anderen Stern.

Donnerstag, September 17, 2009

München, Velbert, Wahnsinn

Gerade habe ich eine halbe Stunde lang meinen sechs Monate alten Sohn auf dem Balkon auf- und abgetragen. Zum Einschlafen. Jetzt Rückenschmerzen. Die kleine Tochter schläft endlich. Sie ist völlig aufgeregt wegen ihrer Einschulung und wollte undbedingt noch mit der Oma telefonieren, nachdem alle Schlaflieder schon gesungen waren. Was für ein liebenswertes, störrisches, gnadenlos selbsbezogenes, herzensgutes Persönchen!

Und was für ein Wahnsinn, sich vorzustellen, dass sie später vielleicht einmal Opfer eines Menschen wird, der sie halb tot prügelt und dann in einen Gulli steckt. Oder Augenzeuge wird, wenn zwei jugendliche Schläger einen Mann zu Tode treten, der sie beschützen wollte. Wenn ich von solchen Fällen höre, fallen mir zuerst die zerstörten Leben der Eltern ein. Jahrelang haben sie, wenn sie gute Eltern waren, ihr eigenes Leben hingegeben für ihre Söhne und Töchter, haben sich dabei unentrinnbar verzahnt mit diesen jungen, heranwachsenden Leben, haben sich verletzbar gemacht indem sie ihr eigenes Sein zu diesem Gefüge namens Familie verschmolzen haben. Und dann kommt so ein kranker Idiot und macht alles zunichte.

Ich schreibe hier bewusst "kranker Idiot". Ich weiß, dass auch diese schlägernden Jugendlichen und mordenden Irren irgendwann einmal hilflose kleine Kinder waren, die vielleicht ein müder Vater zum Einschlafen auf dem Arm getragen hat. Was für ein Vater das war, darüber will ich mir kein Urteil anmaßen. Und was schief gelaufen ist, spielt in dem Moment für mich keine Rolle mehr, wo einer sich dafür entscheidet, einen anderen zu zerstören. Die Schuld, die einer mit einer solchen Tat auf sich lädt, ist so mannigfach und unendlich, dass sie mit nichts zu rechtfertigen und nie wieder abzuwaschen ist. Früher dachte ich da anders, aber heute gibt es für mich Leben, die verwirkt sind. Dahinter mögen arme Schweine, kranke Idioten stecken - aber nur bis zu dem Moment, in dem sie die Entscheidung für eine solche Tat umsetzen.

Ich will mir auch nicht anmaßen zu entscheiden, was mit diesen Menschen geschehen sollte. Und natürlich weiß ich um die Spirale, die dorthin führt - so manche Eltern, die man im Umgang mit ihren Kindern draußen in freier Wildbahn beobachten kann, muten einem wie fahrlässige Handwerker der zukünftigen Mordmaschinen an, selbst Täter, indem sie ihre Kinder demütigen, ohnmächtig machen, verletzen. Ein pauschales Urteil verbietet sich aber. Mancher Amokläufer ist vielleicht wirklich nur krank.

Man wünscht sich heimlich zurück in alte Kulturen, wo solche Menschen auf irgendeiner Insel ausgesetzt und sich selbst überlassen wurden. Heute gibt es Anwälte, die ihr Geld damit verdienen, die Täter möglichst glimpflich davon kommen zu lassen. Das ist ein kultureller Fortschritt. Alles andere wäre Barbarei, denn längst leben wir nicht mehr in alten Kulturen im Einklang mit der Natur, die grausam ist. Und doch wünscht man sich dorthin.

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