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Denk Tank

Gehirnschlacke und Gedankenmüll von Roland Bart

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Hin und wieder muss es einfach sein: Eine Beobachtung löst einen Gedanken aus, der sich wie eine Wolke im Kopf verbreitet und sich nicht wieder verflüchtigt, bevor er nicht in irgendeiner Weise geäußert ist. Und ich denke viel. Eigentlich ständig. (Auch wenn ich nur sehr selten Zeit habe, diese Gedanken zu formulieren). Ich bin wie ein Besucher, ein Tourist von einem anderen Stern, der nicht anders kann als zu beobachten, nachzudenken und sich immer wieder aufs Neue über Alltäglichkeiten zu wundern, darüber, wie wir leben in unserem kleinen Biptop called Planet Earth. Und wer bin ich? Hab ich ja eben gesagt: Ein Tourist von einem anderen Stern.

Montag, September 01, 2008

Gibt es Gott wirklich?

...ist der Titel eines kleinen Büchleins, das ich in meinem Briefkasten fand. Dünn genug, um einen Blick hinein zu wagen - wer weiß, vielleicht finde ich darin ja Gott. Aber leider, leider - schon im ersten Absatz beweist das Büchlein nur eines: Dass Gottesbeweise nur systemimmanent funktionieren:
"Die Bibel beginnt mit der Aussage: 'Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde'. Die Existenz Gottes wird also in der Bibel vorausgesetzt und als selbstverständlich angesehen; dennoch gibt es Menschen, die diese Tatsache ignorieren."
Frei nach dem Motto: Ich bin, also bin ich. Weil's in der Bibel steht, ist's wahr, denn die Bibel hat ja schließlich Gott geschrieben, und was der sagt, ist Wahrheit.

Und dann das alte Totschlagargument:
"Wenn es keinen Gott gibt, keinen Schöpfer, dann treiben wir ohne moralische Ordnung dahin. Als das Volk Israel in der Zeit der Richter seinen Schöpfer vergaß und niemand Gott die Treue hielt, regierte das Chaos, denn 'jeder tat was ihm recht dünkte.'"
"Was ihm recht dünkte". Ein Thelolgiestundet fragte mich einmal: "Wenn Du nicht an Gott glaubst, warum bringst Du mich dann nicht um?" - Warum sollte ich? Warum sollten wir Menschen nicht, wie alle anderen Lebewesen auf dieser Erde auch (die übrigens keinen Gott kennen), ein Regelwerk haben, das uns die Erhaltung unserer Art ermöglicht? "Verlassen Sie diesen Ort so, wie Sie ihn selbst vorzufinden wünschen" ist der Kant'sche Imperativ jedes Toilettenhäuschens, und er macht Sinn. Wir sind schlau genug, um auch ohne Gott zu wissen, dass wir vom Erhalt eines sozialen Gefüges profitieren und das ohne einen Regelkanon nicht funktioniert. Die 10 Gebote hätte sich Moses auch selber ausdenken können, dazu hätte es keines Gottes bedurft. Und wer weiß, vielleicht sind sie ihm ja in Wahrheit beim Aufstieg auf den Berg Sinai gekommen, als er endlich mal in Ruhe nachdenken konnte... Und ganz abgesehen davon: Die wenigsten Menschen haben den Impuls zu Mord, Raub und Vergewaltigung, wenn man sie in die Freiheit der Selbstbestimmung entlässt.

Umgekehrt waren es die Gottesfürchtigen, die im Namen der Inquisition Menschen verbrannten, mordlüsterne Kreuzzüge 'gen Osten führten oder in Lateinamerika ganze Völker ausrotteten. Verbrechen, die allesamt denen der Gottlosen - das Büchlein nennt Hitler, Stalin und Mao - in nichts nachstehen. Auch die These, dass die Sünde überhand nähme, je weiter sich Völker von Gott entfernten, greift nicht. Es gibt heute vielleicht quantitativ mehr Sünde, weil es mehr Menschen gibt. Ein sündenfreies Zeitalter jedoch gab es nie - und schon gar nicht unter der Ägide der Kirchen und Päpste.

Wozu Gottesbeweise? Wenn doch die Anwesenheit eines Gottes keinen Unterschied zu dessen Abwesenheit macht. Sehen wir uns die Welt an: Was würde, was könnte anders an ihr sein, wenn es Gott nicht gäbe?

Am Ende ist es egal, ob es ihn gibt oder nicht. Wer an ihn glauben mag und seine moralischen Regeln aus diesem Glauben schöpft, der soll es tun. Und wer nur fest genug an seine Existenz glaubt - da bin ich sicher - für den existiert er auch und spendet Kraft. Warum aber können die Gläubigen das nicht mit sich selber ausmachen, warum müssen sie stattdessen Gottesbeweise herbeiargumentieren und sie mir in den Briefkasten werfen - oder im schlimmeren Fall, für ihren Gott in den Krieg ziehen?